Das Hochland von Iran – Oskar von Niedermayers Persien-Expedition 1912-1914

Prof. Dr. Roland Pietsch

Das iranische Hochland liegt in der Mitte der Alten Welt. Es bildet die Drehscheibe zwischen Indien und Russland, China und Ara­bien, der Steppe und den Ozeanen. Oskar von Niedermayer hat dieses Hochland, das er mehrfach bereist und gründlich erforscht hat, in verschiedenen Zusammenhängen auf unterschiedliche Weise beschrieben. Eine allgemeinverständliche und übersichtliche Be­schreibung des iranischen Hochlandes hat er 1927 im zweiten Band von „Erdbild der Gegenwart“ veröffentlicht.

„Das Hochland von Iran bildet mit einem Flächeninhalt von 1645000 qkm den östlichen Teil des vorderasiatischen Faltengürtels. Der Persische Golf und Indische Ozean im Süden, die Kaspisee und das Turanische Tiefland im Norden, die Mesopotamische Tief­ebene im Westen und das Industiefland im Osten grenzen es klar nach allen Seiten hin ab. Nur im Nordosten und Nordwesten wer­den die das Hochland auf allen Seiten umschließenden hohen Randgebirge eng zusammengefasst und gehen in die zentral- und vorderasiatischen Ketten über. Es gliedert sich in ein abflussloses Beckenland und ein peripheres Gebiet.

Zwei große Gebirgsstränge strahlen vom Pamir nach Westen und Südwesten aus und scharen sich wieder in Armenien. Die nordiranischen Randgebirge ordnen sich in zwei großen Bögen, dem Afghanischen und dem Elbursbogen. Der östliche Teil des Afghanischen Bogens hat vorwiegend alpinen Charakter und zieht als Hindukusch, Kuh-i-Baba und unter verschiedenen anderen Na­men, aus Höhen von 7700 m bis 2000 m allmählich fallend, von nördlichen Parallelketten begleitet, nach Westen. Seine niedersten Höhen erreicht er bei der Herirusenke; von dort aus steigt er bis zum Meridian von Kutschan wieder allmählich bis 3700 m an. Die mittleren Kammhöhen des um die Kaspisee herumziehenden Elbursbogens betragen 300 bis 4000 m; an seiner südlichsten Aus­biegung sitzt der 5670 m hohe Vulkankegel des Demawend.

Die südiranischen Randgebirge sind durch die Gebirgsknicke von Quetta und Bender Abbas in drei Teile zerlegt. Der östlichste und höchste Teil streicht in Nordost-Südwestrichtung und hat seine höchsten Erhebungen im Sefidkuh und dem weit nach Osten vor­springenden Solimangebirge; den niedersten, breitesten und tekto­nisch zerrissensten Teil stellt der mittlere oder Belutschische Bogen dar, dessen östliche Ketten büschelförmig ins Meer sinken. Zu Durchschnittshöhen von 3000 m steigt dann der nach Nordwesten streichende dritte und längste Teil, der Sagrosbogen, auf.

Die zentraliranischen Gebirgsketten zerlegen das innere Hochland in verschiedene Becken. Den südiranischen Randgebirgen parallel streicht ein größerer Gebirgsbogen aus der Gegend von Quetta im Süden des Meschkilbeckens vorbei über Kerman und Kaschan bis zum Sehend in Aserbeidschan mit durchschnittlichen Höhen von 2-3000 m. Von der südlichsten Ausbuchtung dieses Bogens zweigen fast meridional streichend die zu Kammhöhen von 1500-2500 m aufsteigenden Ostpersischen Gebirgszüge ab, eine Zweiteilung des ganzen Hochlandes hervorrufend. Die zentralafghanischen Ge­birgszüge streichen fächerförmig nach Südwesten in das Hilmendbecken aus.