Die persischen Gedichte von Ibn Sīnā – übersetzt von Hermann Ethé

Eingeleitet und neu herausgegeben von Roland Pietsch

Hermann Ethé hat im Rahmen seiner umfangreichen Beschäftigung mit der persischen Dichtkunst eine Reihe persischer Gedichte von Ibn Sīnā, im lateinischen Westen Avicenna (370/980-428/1037) genannt, gefunden und unter der Überschrift „Avicenna als persischer Lyriker“ in persischer Sprache mit deutschen Übersetzungen in den „Nachrichten von der K. Gesellschaft der Wissenschaften und der Georg-Augusts-Universität in Göttingen aus dem Jahre 1875“ herausgegeben. Bevor im Folgenden diese Gedichte in leicht bearbeiteter Form vorgelegt werden, wird zunächst ein kurzer Überblick über Leben und Werk von Hermann Ethé gegeben.

Über Leben und Werk von Hermann Ethé[1]

(Carl) Hermann Ethé wurde am 13. Februar 1844 in Stralsund geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Stralsund begann Ethé an der Universität Greifswald klassische und orientalische Philologie zu studie­ren. Ein Jahr später setzte er das Studium der orientalischen Sprachen bei Heinrich Leberecht Fleischer (1801-1888) an der Universität Leipzig fort. 1865 promovierte er an dieser Universität zum Dr. phil. Drei Jahre später habilitierte er sich mit seiner Arbeit „Das Schlafgemach der Phantasie von Fettâhi aus Nišâbûr. Erstes Kapitel: Vom Glauben und Islam“ an der Universität München und wurde dort zum Privatdozenten ernannt. 1872 wurde Ethé von der Bodleian Library in Oxford eingela­den, um die  von dem deutschen Orientalisten Eduard Sachau (1845-1930) begonnene Katalogisierung orientalischer Manuskripte fortzuset­zen. 1893 erschien der erste Band des “Catalogue of Persian, Turkish, Hindûstânî, and Pushtû Manuscripts in the Bodleian Library” in Oxford. Der zweite Band wurde erst 13 Jahre nach seinem Tod vollendet. Zu­gleich hatte Ethé eine Beschreibung der persischen Manuskripte des London India Office vorgenommen. 1903 erschien der erste Band in Ox­ford: „Catalogue of Persian Manuscripts in the Library of the India Of­fice“; der zweite Band erschien 1937 ebenfalls in Oxford. 1874 ließ sich Ethé dauerhaft in Großbritannien nieder, behielt aber die deutsche Staatsbürgerschaft. 1875 wurde er zum Professor für orientalische Spra­chen am University College of Aberysthwyth in Wales ernannt. In den folgenden Jahren bewarb er sich um Professuren an der Universitäten Königsberg, München, Oxford und an der Universitätsbibliothek Leiden, hatte aber keinen Erfolg. Neben seiner Lehrtätigkeit arbeitete er an den genannten Bibliotheken in Oxford und London und ferner an der Be­schreibung  der orientalischen Manuskripte in der Nationalibliothek von Wales; 1916 erschien in Aberystwyth „The National Library of Wales: Catalogue of Oriental Manuscripts“ und 1925 in Edinburgh der „Descriptive Catalogue of the Arabic and Persian Manuscripts in Edin­burgh University Library“ von M. Ashraful Huk, H. Ethé und E. Robert­son. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 befand sich Ethé mit seiner englischen Frau im Rheinland. Beide konnten aber erst im Oktober nach Großbritannien zurückkehren. In Aberystwyth wurden beide von einer wütenden Menge empfangen und aus der Stadt vertrie­ben[2]. Obwohl sich seine Kollegen an der Universität gegen seine Entlas­sung aussprachen, konnte er den Lehrbetrieb nicht mehr aufnehmen. Von der Universität, an der er viele Jahre gearbeitet hatte, erhielt er nur eine kleine Rente und lebte mit seiner Frau in Bristol, wo er am 7 Juni 1917 starb.

PDF: Die persischen Gedichte von Ibn Sīnā – übersetzt von Hermann Ethé

 


[1] – Die folgenden Angaben über sein Leben und Werk stützen sich auf die ausführliche Biographie Ethés von J. T. P. De Bruijn, in: Encyclopedia Iranica, hrsg. von Ehsan Yarshater, Bd. IX, New York 1999, S. 1-3; Ders., Between Hammer and Browne: Hermann Ethé as a historian of Persian Literature, in: Acta Orientalia Academiae Scientiarum Hungaricae, T. XLVII (1-2) Budapest 1995, S. 37-50; Ders., Ethé, Carl Hermann, in: Oxford Dictionary of National Biography, Bd. 18, Oxford 2004, S. 630 f. Kurze bio-bibliographische Hinweise auf Ethés Veröffentlichungen im Bereich der deutschen Literatur finden sich in: Franz Brümmer, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart, 6. Auflage, Stuttgart 1913, S. 165 f. und in: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch, 4. Bd., Berlin und Zürich 1972, S. 554. Es ist unverständlich, dass das Leben und Werk des bedeutenden deutschen Orientalisten Hermann Ethé weder in der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB) noch in der Neuen Deutschen Biographie (NDB) gewürdigt wurde.

[2] – Vgl. dazu E. L. Ellis, The University College of Wales, Aberysthwyth, 1872-1972, Cardiff 1972, S. 171 ff. und Kenneth O. Morgan, Rebirth of a Nation: Wales 1880-1980, Oxford 1981, S. 162 f.