Zur Iranistik in Berlin

Prof. Dr. Manfred Lorenz

Über die Orientalistik in Berlin vor der Eröffnung der Universität im Oktober des Jahres 1810 müsste gesondert geschrieben werden.[1]  Es ist z.B. bekannt, dass Goethe im Briefwechsel mit dem Berliner Orientalisten Heinrich Friedrich von Diez (1751-1817) stand und, wie er selbst in „Noten und Abhandlun­gen“ zum  West-Östlichen Diwan[2] bekennt, diesem für sein Studium viel verdankt. Diez, kgl. preussischer Geheimer Legationsrat und Prälat, war 1785-91 preus­sischer Geschäftsträger in Konstantinopel gewesen, hatte orientali­sche Sprachen gelernt, Handschriften erworben und das „Buch des Kabus“ (1811) ins Deutsche übersetzt. Auch in späteren Jahren waren es oft Angehörige der Akademie, der Bibliotheken und Mu­seen, die Grosses für die Orientalistik und darunter der Iranistik geleistet haben. Viele Orientalisten jener Zeit sind Schüler des be­rühmten Franzosen Silvestre de Sacy (1758-1838), der an der 1795 in Paris eröffneten „École spéciale des langues orientales vivantes“ lehrte.

Bald nach der Eröffnung der Berliner Universität  begann auch der Unterricht in iranischen Sprachen, zunächst im Persischen im Rahmen der Philosophischen Fakultät. Der Extraordinarius Georg Heinrich Bernstein (1787-1860), Schüler de Sacy’s, gab seit dem Sommer-Semester 1812 bis zum Jahre 1821 persischen Privatunter­richt.

Friedrich Wilken (23.5.1777 – 24.12.1840), der in Göttingen stu­diert hatte und 1816 zum Professor für Geschichte und orientali­sche Sprachen der Berliner Universität berufen worden war, unter­richtete seit 1818/19 „Anfangsgründe der persischen Sprache“. 1821/22 war er Rektor der Universität. Von ihm stammt die erste in Deutschland verfasste persische Grammatik: „In­stitutiones ad fundamenta linguae Persicae cum chrestomathia“ (Leipzig 1805), nach der in der Folgezeit auch von anderen Wissenschaftlern in Berlin Persisch gelehrt wurde. Er gab den Historiker Mirchond her­aus und beschäftigte sich z.B. auch mit Ver­fassung, Ursprung und Geschichte der Afghanen.[3]

Das Fach Persisch vertrat von 1816 bis 1844/45 auch Christian Ludwig Ideler (21.9.1766 –  10.8.1846), der eigentlich Astronom war, ab 1821 Professor an der Berliner Universität[4]. Mit seinem Namen sind erstmals auch Literaturstudien verbunden (Sa’dis „Golestān„, 1819/20). Ebenso wie Wilken befasste sich Ideler mit historischen Problemen des Altertums („Zeitrechnung der moham­medanischen Völker“; 1821/1830).

“Geschichte und Religion der Völker des Altertums (bis Cyrus)” las 1834 der Privatdozent Moritz Gotthilf Schwartze (1802-1848). Seit dem Sommersemester 1821 wurde Persisch-(Privat-) Unterricht auch von Friedrich August Tholuck (1799-1877) er­teilt[5], der 1823 Extraordinarius wurde und bis 1825 in Berlin tätig war.

Eine neue Qualität gewannen die iranistischen Studien während des Wirkens von Franz Bopp (1791-1867), des Begründers der Indo­germanistik, der ab Oktober 1823 ausser Neuper­sisch (Kalila wa Dimna ,1 x wöchentl.) und persischer Grammatik  (ab 1824/25) auch den „Sprachvergleich von Alt- und Neupersisch mit ver­wandten Sprachen“ (1849) unterrichtete.[6]

weiter:

[1] Kürzlich kam mir eine Arbeit zur Kenntnis: “Berlin für Orientalisten. Ein Stadtführer.” Hrsg. Gerhard Höpp u. Norbert Mattes. Verlag Das Arabische Buch, 2001: darin:  S. 51-53  “Die Humboldt-Universität”;  und  von  P. Heine.” Berliner Islamwissenschaft “. (S.43-48)

[2] Insel Taschenbuch 75, 8. Aufl. 1988, S. 253 ff.; siehe auch: Katharina Mommsen: Goethe und Diez.  Berlin 1961

[3] Abh. der Kgl. Preussischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin., 1818/19.  Hier auch  Ausführungen  Wilkens über  die “Puschtu-Sprache”.

[4] Ideler wurde – laut K. Mommsen  (s.d. S.13) – von Hammer  anerkannt.  Er war Mitarbeiter der „Fundgruben des  Orients,  bearbeitet durch eine Gesell­schaft von Liebhabern” , Bd. 1-6, Wien 1809-1818; Hrsg. W. Rzewusky.

[5] Siehe: Tholuck: „Blütensammlung aus der morgenländischen Mystik nebst einer Einleitung über Mystik überhaupt und Morgenländische insbesondere.  Berlin,  F. Dümmler, 1825

[6] Siehe: M. Lorenz. Franz Bopp und die Berliner Iranistik, in: Bopp-Symposium 1992 der Humboldt-Universität zu Berlin, Akten der Konferenz. Hrsg. R. Sternemann,  Heidelberg  1994, S.159-161.